Kennt noch jemand den Amateurfunk? Wer dieses Hobby betreibt, hat erstens eine Schwäche für Technik und zweitens schon früh Gefallen daran gehabt mit Menschen in großer Entfernung zu kommunizieren. Heute hat jeder Facebook-Nutzer Freunde jenseits der Landesgrenzen. Hat man einmal eine Frage zu anderen Kulturen, kann man mit zwei Klicks schnell seinen Bekannten in Algerien/Belgien/China (mit jedem Buchstaben des Alphabets beliebig weiterzuführen) nach seiner Einschätzung fragen. Lediglich die Zeitverschiebung führt höchstens noch zu einer leichten Verzögerung in der Reaktionszeit des Gegenübers. Ansonsten ist die Kommunikation mit der gar nicht mehr so fremden Fremde ein Kinderspiel. Für den Amateurfunker war es (und ist es wahrscheinlich auch heute noch) eine technische Leistung. Ein "CQ" ließ einen über den Tellerrand in die große weite Welt blicken und führte dazu, dass zwei völlig unbekannte Menschen, die sich sonst vermutlich nie kennen gelernt hätten, miteinander sprachen. Mein Vater ist Amateurfunker seit ich denken kann, und als Kind war der Gedanke mit Unbekannten in der großen weiten Welt zu sprechen unglaublich faszinierend. Das Internet wäre nicht das Internet, wenn es für diesen scheinbar schon immer präsenten Wunsch des Menschen nicht auch ein Angebot parat hätte. Vermutlich gibt es unzählige, mir fällt jetzt gerade "Chatroulette" ein: Hier werden über einen Zufallsalgorithmus Skype-Nutzer miteinander verbunden. Die Webcam läuft dabei, und wenn einem das Gegenüber nicht gefällt kann es mit einem "Next"-Klick gegen ein neues ausgetauscht werden. Und da sage noch einer das Internet sei anonym! Wem das zu persönlich oder gar unheimlich ist, kann es ja einmal mit "Postcrossing" probieren! Hier haben Web 2.0 und der Postbote bei ihrem einmaligen Zusammentreffen eine wunderbare Idee gehabt: Der Internetnutzer meldet sich bei dem Portal an und erhält auf Wunsch eine Adresse eines anderen Nutzers irgendwo auf der Welt. Diesem schreibt er dann eine ganz klassische Postkarte. Erhält der Empfänger diese Karte und bestätigt den Erhalt bei Postcrossing, wird die eigene Adresse an einen anderen Nutzer weitergegeben, und einige Tage oder Wochen später erhält man Post: Aus Albanien/Burundi/Chile (Ihr wisst ja wie das mit dem Alphabet geht). Das ist natürlich nicht so technisch wie das Amateurfunken aber bedient sich einer Kommunikationsmethode, die noch viel älter ist als der Funk: der Post. Und die Post wäre nicht die Post, wenn sie nicht auch in der heutigen Zeit in gewisser Hinsicht sowohl dem Funk als auch dem Internet eine Winzigkeit voraus hätte: Die Freude, die bei dem Anblick von persönlicher Post im Briefkasten entsteht. Für Amateurfunker oder Digital Natives auf Abwegen geht es hier zu Postcrossing
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